Ueber: Ein Concert von Jos. Sellner, Oboist,
und Mich. Jannusch, Flötist am
Landständischen Theater.

[91] (Prag 15. November 1815.)


Eine sehr brav gearbeitete, gediegene Ouverture von J.W. Tomascheck eröffnete das Concert. Da wir so selten etwas von unsern einheimischen Componisten hören, so mußte uns diese Erscheinung doppelt angenehm sein, und der Beifall, der ihr ward, beurkundete dieses.

Das Concert von Wilmer, geblasen von Hrn. Jannusch, enthält viel Plattes und Gewöhnliches. Der schöne, volle Ton und gefühlvolle Vortrag unsers Jannusch kann ihm allein Eingang verschaffen, obwohl Kränklichkeit ihn heute verhinderte, seine Kunstkräfte in ihrem ganzen Umfange entwickeln zu können.

Duett von Simon Mayer; gesungen von Mad. und Dem. Kainz. An Madame Kainz voller Altstimme hört man die ehemalige Bildung und Schule. Den trefflichen Naturgaben der Dem. Kainz haben wir blos noch vielen Fleiß und Studium zu empfehlen, wo vor allem eine reine Intonation das Nothwendigste sein wird.

Herr Bayer sprach ein Gedicht von Buri, wie immer, vorzüglich.

Die Variationen für Guitarre, gespielt von Sellner, zeigten seine große Fertigkeit, aber auch die Unzulässigkeit des Instruments für das größere Concert.

Mad. Czeka's Gefälligkeit gereicht es zur großen Ehre, daß sie, trotz einer bedeutenden Heiserkeit, eine Arie von Zingarelli sang, in der sie aus eben erwähntem Grunde nicht so schön, als wir an ihr gewohnt sind, Herr ihrer Stimme war.

In der Concertante für Flöte und Oboe von Westenholz bewährte sich vorzüglich Herr Sellner als ein trefflicher Oboist.[91]

Die Sicherheit, Leichtigkeit und Reinheit, mit der er alle Schwierigkeiten überwand, verbunden mit so schönem Tone und Vortrage, lassen uns immer mehr den Werth seiner Acquisition fühlen.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 3, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 91-92.
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